Ein Mann und eine Frau sitzen auf einem Steg, der ins Wasser führt.

Was Sie hier erwartet:

  • Erklärung der Pflegebegutachtung
  • Übersicht über die verschiedenen Module
  • Tipps zur Beantragung und Vorbereitung der Pflegebegutachtung

Pflegebegutachtung durch den MDK oder Medicproof

Für die meisten Menschen kommt ein Zeitpunkt im Leben, an dem sie auf Hilfe von anderen angewiesen sind. Der Mensch wird pflegebedürftig. Manchmal tritt der Pflegefall auch plötzlich ein. Lesen Sie hier, wie Sie einen Pflegegrad beantragen und sich auf die Pflegebegutachtung mit dem MDK oder Medicproof vorbereiten.

Das Wichtigste im Überblick

Rechtzeitig Vorsorge treffen: Jeder ist irgendwann auf Hilfe angewiesen. Sinnvoll ist, sich in gesunden Tagen mit der eigenen Pflege auseinanderzusetzen. Das entlastet auch Angehörige.

Finanziell vorsorgen: Die Pflege muss zum Teil selbst finanziert werden, oft über viele Jahre. Eine Pflegezusatzversicherung schließt finanzielle Lücken und schont das Privatvermögen.

Vollmachten erteilen: Angehörigen sind nicht automatisch vertretungsberechtigt, wenn einem etwas passiert. Nur entsprechende Vollmachten regeln, dass die eigenen Wünsche und Bedürfnisse durchgesetzt werden.

Pflegewünsche äußern: Für eine optimale Pflege müssen die Pflegewünsche bekannt sein. Ehrliche Gespräche mit der Familie oder Angehörigen beugen Streit vor und klärt Erwartungen.



Was bedeutet pflegebedürftig?

Vor dem Gesetz gilt ein Mensch als pflegebedürftig, wenn er aufgrund von psychischer, kognitiver oder körperlicher Beeinträchtigung, nur begrenzt oder auch gar nicht mehr selbstständig leben kann.

Ein pflegebedürftiger Mensch hat Anspruch auf Leistungen aus der Pflegeversicherung. Die Grundlage für den Umfang der Leistungen ist der Pflegegrad. Wichtig ist deshalb, dass Sie oder ein bevollmächtigter Angehöriger, einen Antrag auf Pflegeleistung bei der Pflegekasse stellen. Nur dann bekommen Sie Geld.

Was Sie zur Pflegebegutachtung wissen sollten

Wie kommt es dazu?

Ob ein Mensch pflegebedürftig ist und wie hoch sein Pflegegrad ist, wird in einer Begutachtung geprüft. Die sogenannte Pflegebegutachtung führt der Medizinische Dienst (MD) - früher Medizinischer Dienst der Krankenversicherung (MDK) - durch. Bei Privatversicherten prüft die Medicproof die Pflegebedürftigkeit, der medizinische Dienst des Verbandes der Privaten Krankenversicherung.

Wichtig: Einen Pflegegrad bekommt ein Pflegebedürftiger nur auf Antrag. Ein formloses Schreiben an die Pflegekasse reicht aus. Der Pflegebedürftige erhält anschließend ein Antragsformular zugeschickt.

Ablauf einer Pflegebegutachtung

Nach der Antragstellung beauftragt die Pflegekasse den Medizinischen Dienst mit der Feststellung der Pflegebedürftigkeit. Die Pflegebegutachtung findet an einem angekündigten Termin statt. Um Sie persönlich kennenzulernen, kommt ein Gutachter zu Ihnen nach Hause.

Prüfung von Lebensbereichen

Mittels eines festgelegten Fragenkatalogs prüft der Gutachter, eine erfahrene Pflegefachkraft oder ein Arzt, was Sie noch alleine können und wobei Sie Hilfe im Alltag benötigen. Sechs verschiedene Lebensbereiche oder auch Module schaut sich der Gutachter an.

Kurzübersicht über die Module:

            
LebensbereicheBeispiele
Modul 1
Mobi­litätWie gut kann sich eine Person in der Wohnung bewegen, aus dem Bett aufstehen oder Trep­pen­steigen?
Modul 2
Kogni­tive und kommu­ni­ka­tive Fähig­keitenKann sich die Person orien­tieren, erin­nert sie sich an Ereig­nisse, erkennt sie Gefahren?  Betei­ligt sie sich an Gesprä­chen?
Modul 3
Verhal­tens­weisen und psychi­sche Problem­lagenZeigt die Person unru­higes oder aggres­sives Verhalten? Hat sie Angst, Wahn­vor­stel­lungen oder ist sie antriebslos?
Modul 4
Selbst­ver­sor­gungWie steht es mit selbst­stän­digem Waschen, Ankleiden, benutzen der Toilette? Kann sich die Person selbst ernähren?
Modul 5
Bewäl­ti­gung von und selbst­stän­diger Umgang mit krank­heits- und thera­pie­be­dingten Anfor­de­rungen und Belas­tungenIst die Person in der Lage Medi­ka­mente einzu­nehmen? Sind regel­mä­ßige Arzt­be­suche oder Besuche thera­peu­ti­scher Einrich­tungen möglich?
Modul 6
Gestal­tung des Alltags­le­bens und sozialer KontakteWie selbst­ständig kann eine Person ihren Tages­ab­lauf gestalten und sich beschäf­tigen?

Zusätzlich bewertet der Gutachter die außerhäuslichen Aktivitäten und die Haushaltsführung.

Wie kommt mein Ergebnis zustande?

Je nach Bereich gibt es unterschiedliche Einstufungen: selbstständig bis unselbstständig, Fähigkeit vorhanden bis Fähigkeit nicht vorhanden und nie/selten bis täglich. Für jeden Bereich vergibt der Gutachter Punkte - zwischen einem und drei, in Modul 3 bis zu fünf. Die Punkte gehen in unterschiedlicher Gewichtung in die Gesamtbewertung ein.

Besonders wichtig ist die Selbstversorgung (Modul 4), sie fließt mit 40 Prozent in die Bewertung ein. Modul 5 mit 20 Prozent, Modul 6 mit 15 Prozent, die Mobilität (Modul 1) nur mit 10 Prozent. Bei Modul 2 und 3 geht der Bereich mit dem höheren Wert ein, gewichtet wird mit 15 Prozent. Die Summe der Punkte von null bis hundert entscheidet über den Pflegegrad. Sie zeigen wie viel Selbstständigkeit oder Fähigkeiten noch vorhanden sind.

Pflegegrade

Punkte

Einschränkungen

Kein Pflegegrad

bis 12,5

kaum Einschränkungen der Selbstständigkeit oder Fähigkeiten

Pflegegrad 1

12,5 bis unter 27

geringe Einschränkungen der Selbstständigkeit oder Fähigkeiten

Pflegegrad 2

27 bis unter 47,5

erhebliche Einschränkungen der Selbstständigkeit oder Fähigkeiten

Pflegegrad 3

47,5 bis unter 70

schwere Einschränkungen der Selbstständigkeit oder Fähigkeiten

Pflegegrad 4

70 bis unter 90

schwerste Einschränkungen der Selbstständigkeit oder Fähigkeiten

Pflegegrad 5

90 bis 100

schwerste Einschränkungen der Selbstständigkeit oder Fähigkeiten, besondere Anforderungen an die Pflege


Beantragen Sie einen Pflegegrad rechtzeitig

Eine Hand tippt etwas in einen Laptop.

Bis der Versicherte einen Pflegegrad vom Medizinischen Dienst beziehungsweise Medicproof zugeordnet bekommt, kann einige Zeit vergehen. Am besten stellen Sie den Antrag, sobald der Pflegefall eintritt oder sich Ihr Gesundheitszustand verschlechtert. Auch wenn Sie denken, dass es Ihnen bald wieder besser geht: Warten Sie mit der Beantragung nicht zu lange. Sie verschenken sonst vielleicht Geld.

Ab dem Tag der Antragstellung erbringt die Pflegeversicherung Leistungen. Auch rückwirkend, vorausgesetzt zwischen der Antragsstellung und der tatsächlichen Pflegebedürftigkeit vergeht nicht mehr als ein Monat.

Tipps, um sich auf die Pflegebegutachtung vorzubereiten

Eine Begutachtung durch einen fremden Menschen ist eine schwierige Situation. Wer möchte sich da nicht von seiner besten Seite zeigen. Doch falscher Stolz und Scham helfen nicht. Ein realistisches Bild der Einschränkungen und des Unterstützungsbedarfs sind wichtig. Davon hängen der Pflegegrad und die Leistungen der Pflegekasse ab. Es lohnt sich deshalb, die Pflegebegutachtung gut vorzubereiten.

Halten Sie zum Termin alle relevanten Unterlagen und Dokumente bereit. Je mehr Sie dem Gutachter zur Verfügung stellen, umso besser kann er den Unterstützungsbedarf einschätzen.

12 Tipps für den Termin mit dem Medizinischen Dienst:

  1. Informieren Sie sich – am besten mit der Hilfe eines Angehörigen oder einer Vertrauensperson – über die Kriterien, die bei der Beurteilung durch den MDK eine Rolle spielen. Schauen Sie sich die sechs Module und ihre Gewichtung vorher an. Eine wertvolle Hilfe kann ein kostenloser Pflegegrad-Rechner oder eine ausführliche Checkliste sein.
     
  2. Führen Sie ein Pflegetagebuch, das Ihren Tagesablauf beschreibt. Lassen Sie sich bei Bedarf von jemandem helfen. Das können Angehörige, eine Vertrauensperson oder professionelle Pflegekräfte sein. So verschaffen Sie sich und dem Gutachter einen guten Überblick über die alltägliche Pflegesituation.
     
  3. Haben Sie Ihre Krankenakte oder ärztlichen Dokumente, Behandlungs- und Medikamentenpläne sowie Arztbriefe griffbereit. Empfehlenswert sind auch Kopien, die Sie dem Gutachter mitgeben.
     
  4. Halten Sie fest, welche Medikamente Sie wann einnehmen müssen.
     
  5. Machen Sie eine Liste über alle Personen, die Ihnen bei der Pflege helfen. Inklusive Adressen.
     
  6. Halten Sie alle Pflegehilfsmittel, die Sie bereits nutzen, bereit.
     
  7. Notieren Sie sich, welche regelmäßigen Arzttermine bei Ihnen anstehen.
     
  8. Zeigen Sie die realistische Pflegesituation. Dazu gehört auch, dass der Zeitpunkt der Pflegebegutachtung passt. Legen Sie den Termin nicht in eine Zeit, in der Sie besonders fit sind.
     
  9. Stellen Sie Ihre Lebenssituation nicht besser dar, als sie ist. Räumen Sie nicht übertrieben auf und lassen Sie nicht extra die ganze Wohnung putzen. Kleiden Sie sich wie immer, rausputzen für den Termin ist nicht empfehlenswert. Stellen Sie sich aber auch nicht schlechter dar, das kann von Nachteil sein.
     
  10. Holen Sie sich zum Termin mit dem MD oder Medicproof Unterstützung von einem Angehörigen, einer Vertrauensperson oder einer professionellen Pflegekraft.
     
  11. Für Angehörige: Vielleicht gibt es Dinge, die sie nicht vor der pflegebedürftigen Person ansprechen möchten. Etwa mit Scham behaftete Themen wie Inkontinenz. Nehmen Sie den Gutachter ruhig zur Seite und sprechen Sie alleine mit ihm.
     
  12. Im Gespräch können Sie auch Eindrücke korrigieren. Das Urteil, zu dem ein Gutachter kommt, beruht nur auf dem Gespräch und nicht dem tatsächlich erlebten Pflegealltag.

Eine Höherstufung benötigt eine neue Pflegebegutachtung

Pflegebedürftigkeit ändert sich im Laufe der Zeit. Wenn sich Ihr Pflegebedarf erhöht, stellen Sie einen Antrag auf Höherstufung des Pflegegrads bei der Pflegekasse. Ein Antrag ist notwendig, denn Sie benötigen wieder einen Termin zur Pflegebegutachtung.

Pflegebegutachtung im Krankenhaus

Tritt der Pflegefall plötzlich ein, etwa im Anschluss an einen Krankenhaus- oder Reha-Aufenthalt organisiert werden, kann eine vorläufige Pflegegradzuordnung sinnvoll sein. Wenn gewünscht, übernimmt der Sozialdienst der Einrichtung die Beantragung. Die Mitarbeiter sind darin geschult und wissen, welche Berichte notwendig sind. Auch notwendige Hilfsmittel für zuhause lassen sich frühzeitig anfordern.

Sie wünschen weitere Informationen, einen Vorschlag oder haben eine Frage? Sprechen Sie uns gerne an.

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