Wenn das eigene Geld für die Pflege nicht reicht, dann können Pflegebedürftige Sozialhilfe beantragen. Die sogenannte „Hilfe zur Pflege“ wird von den Kommunen übernommen – aufgrund der aktuellen Pflegesituation oft in Millionenhöhe.
Wenn das eigene Geld für die Pflege nicht reicht, dann können Pflegebedürftige Sozialhilfe beantragen. Die sogenannte „Hilfe zur Pflege“ wird von den Kommunen übernommen – aufgrund der aktuellen Pflegesituation oft in Millionenhöhe.
Laut Bundesgesundheitsministerium gibt es derzeit 4,6 Millionen Pflegebedürftige (Stand: 2022) in Deutschland. Über 80 Prozent (3,7 Millionen) von ihnen werden zu Hause gepflegt. Der Großteil überwiegend von Angehörigen ohne Unterstützung eines Pflegedienstes. Wie viele Angehörige diesen Job übernehmen, ist nicht genau bekannt. Berechnungen gehen derzeit von 4,8 Millionen Menschen aus, die im häuslichen Umfeld einen Angehörigen, Freund oder Nachbar pflegen. Das macht pflegende Angehörige zu Deutschlands wichtigster Säule bei der Versorgung von pflegebedürftigen Personen.
Wer pflegt zu Hause:
Die große Mehrheit aller Pflegeperson kümmert sich aus emotionalen Gründen um die Pflege eines Familienmitglieds. Sie pflegen aus Liebe und Verbundenheit zum Partner oder möchten dem Vater oder der Mutter etwas zurückgeben. Viele Angehörige fühlen sich aber auch zur Pflege verpflichtet, weil der zu Pflegende in der Nähe wohnt, keine andere Person Zeit hat oder ein empfundener Zwang wahrgenommen wird. Auch das Pflegegeld, das Pflegebedürftige erhalten und oft an die Pflegeperson weitergeben, spielt als Motivator für die Pflege eine Rolle.
Die Betreuung des Pflegebedürftigen, Hilfe bei der Körperpflege und beim Essen, Hauswirtschaft, Medikamentenversorgung, Organisation von Terminen und Arztbesuche: Pflegepersonen übernehmen in der Regel mehrere Aufgaben – mit einem Zeitaufwand, der einem Vollzeitjob gleicht. Laut der Hans-Böckler-Stiftung bringt die Hauptpflegeperson knapp 50 Stunden Zeit in der Woche für die Pflege auf. Rechnet man die Zeit andere Pflegepersonen hinzu, fallen pro Woche im Schnitt 63 Stunden für die Versorgung eines Pflegebedürftigen an. Lediglich zehn Prozent des gesamten Zeitaufwands für die Pflege wird von professionellen Diensten abgedeckt. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch der Pflege-Report 2020 des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO): Im Mittel werden pro Tag achteinhalb Stunden Zeit für die Unterstützung eines Pflegebedürftigen aufgewendet. Nur knapp eine Dreiviertelstunde wird davon von einem Pflegedienst erbracht. In Haushalten, in denen ein Pflegebedürftiger mit Pflegegrad 3 und höher lebt, kann der tägliche Pflegeaufwand sogar bei zehn Stunden und weit mehr liegen.
Der hohe zeitliche Aufwand sowie die körperlich anstrengenden Pflegetätigkeiten haben erheblich Auswirkungen auf die psychische und körperliche Gesundheit der privaten Familienpfleger. Menschen, die mindestens zwei Stunden am Tag pflegen, beschreiben ihren allgemeinen Gesundheitszustand deutlich häufiger als „nicht gut“ als Nichtpflegende. Lediglich 18,5 Prozent geben an, keine körperlichen Beschwerden durch die Pflege zu haben. Alle anderen „spüren“ die Pflege – am häufigsten in Form von Rückenschmerzen und Muskelverspannungen. Dabei sind vor allem pflegende Angehörige von Menschen mit Demenz gesundheitlich stark belastet. Sie berichten deutlich häufiger über eine große körperliche Erschöpfung als diejenigen, die Menschen mit anderen Grunderkrankungen pflegen. Zudem leiden sie häufig unter Erkrankungen der Wirbelsäule, Bluthochdruck, Arthrose, Osteoporose oder Gicht und Schlafstörungen.
Oft geht Pflege auch mit Stress und depressiven Symptomen einher. Vor allem die Pflege von Menschen mit Demenz ist mit einem erhöhten Stresslevel verbunden, was häufig am Verlauf der Erkrankung liegt: Die Betreuung und Beaufsichtigung nehmen zu und die Persönlichkeit des Erkrankten verändert sich stark. Dadurch wird die Pflege eine zunehmend schwierige Aufgabe. Der durch die Pflege empfundene Stress führt auch dazu, dass Pflegepersonen häufiger unter seelischen Belastungen und depressiven Symptomen leiden. Menschen, die mindestens zwei Stunden pro Tag pflegen, sind davon deutlich häufiger betroffen als Nichtpflegepersonen.
Mehr als die Hälfte aller pflegenden Angehörigen geht einem Beruf nach: 2,5 Millionen Menschen arbeiten in Teil- oder Vollzeit und kümmern sich zusätzlichen um einen pflegebedürftigen Menschen. Die Anzahl berufstätiger pflegender Angehöriger ist in den letzten Jahren gewachsen. Und auch in den kommenden Jahren wird dieser Trend weiter zunehmen. Die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf wird aber oftmals als große Herausforderung empfunden – 82 Prozent der Pflegenden bewerten dies als schlecht bis sehr schlecht. Rund 15 Prozent der berufstätigen Hauptpflegepersonen geben ihren Beruf deshalb im Verlauf der Pflege auf und 34 Prozent schränken ihre Arbeitszeit ein. Häufigster Grund: der hohe zeitliche Aufwand für die Pflege. Die Reduzierung der Arbeitszeit oder die komplette Aufgabe des Berufs ist für viele Haushalte mit finanziellen Einbußen verbunden, die auch das Pflegegeld nicht aufgefangen kann.
Finanzielle Nachteile ergeben sich hierbei vor allem für Frauen. Denn sie geben für die Pflege häufiger ihren Beruf auf oder reduzieren die Arbeitszeit, als Männer es tun. Neben den monatlichen finanziellen Einbußen hat der Gehaltsverlust auch Nachteile für die eigene Altersvorsorge. Die Pflegeversicherung übernimmt zwar Rentenbeiträge für die Pflegeperson, dennoch kann es passieren, dass die Beiträge geringer sind als im vorhergehenden Job. Die Folge: Die spätere Rente kann dadurch niedriger ausfallen und Altersarmut begünstigen. Pflegepersonen, die ihre Arbeit reduzieren oder ganz aufgeben, sollten sich deshalb unbedingt von der Deutschen Rentenversicherung beraten lassen, welchen Anspruch auf Rentenbeiträge sie haben und was es dabei zu beachten gilt.
Soziale Isolation und Einsamkeit können ebenfalls zu negativen Folgen von Pflege werden. Ist die Pflege aufwendig oder wird zusätzlich noch der Beruf ausgeübt, bleibt oft wenig Zeit, um Freunde zu treffen oder einem Hobby nachzugehen. Auch gemeinsame Ausflüge oder Reisen sind ab einem bestimmten Grad der Pflegebedürftigkeit oft nicht mehr möglich. Im Laufe der Zeit reduzieren sich so wichtige Sozialkontakte und Einsamkeit entsteht. Das betrifft vor allem Menschen, die ihren Partner pflegen und die aufgrund dieser Aufgabe kaum noch dazu kommen, sich um sich selbst oder um Freundschaften kümmern. Mehr als 14 Prozent aller Pflegepersonen findet, dass es durch die Pflege immer oder öfters zu Schwierigkeiten mit Freunden kommt. Knapp 24 Prozent erleben das manchmal.