Man sieht einen Mann, der nachdenklich auf ein Dokument schaut.

Was Sie hier erwartet:

  • Zahlen des Fachkräftemangels in der Pflege
  • Ursachen für Pflegenotstand
  • Lösungsvorschläge

Pflegenotstand: Fachkräftemangel in der Pflege

In Deutschland kämpfen derzeit zahlreiche Branchen mit Fachkräftemangel. Doch kein Zweig ist so stark betroffen wie die Pflegebranche. Aktuell fehlen in der Alten- und Krankenpflege so viele Fachkräfte wie in keinem anderen Beruf. Die Folge: Ein Großteil der Pflegekräfte in Kliniken, Pflegeheimen und bei Pflegediensten arbeitet am Limit.

So viele Pflegekräfte fehlen aktuell

Pflegeberufe sind nicht erst seit Corona von einem starken Fachkräftemangel betroffen. Schon seit Jahren fehlt es massiv an Fachkräften in der Alten- und Krankenpflege. Derzeit sind in Deutschland knapp 1,7 Millionen Menschen in der Pflege beschäftigt. So die aktuellen Zahlen für das Jahr 2021 von der Bundesagentur für Arbeit. Rund zwei Drittel der Beschäftigten sind examinierte Fachkräfte, ein Drittel geht einer Beschäftigung als Helfer nach.

Grundsätzlich ist in den vergangenen Jahren die Zahl der Beschäftigten in der Pflege stärker gewachsen als in anderen Branchen. Dennoch fehlt es an Fachpersonal. Denn laut der Statistik der Bundesarbeitsagentur übersteigt die Zahl der gemeldeten Stellen für Fachkräfte in Pflegeberufen die der Arbeitslosen deutlich: 24.000 offene Stellen für Pflegefachkräfte wurden dem Arbeitsamt im Jahr 2021 gemeldet. Aber nur 7.000 Pflegefachkräfte galten in dem Jahr als arbeitssuchend. Anders die Situation für Pflegehelfer: Auf 37.000 arbeitslos gemeldete Pflegehelfer kamen nur 9.000 offene Stellen.

Den größten Engpass gibt es vor allem bei Fachkräften in der Altenpflege, gefolgt von Fachkräften der Gesundheits- und Krankenpflege. Dies sind gleichzeitig die zwei Berufe, die von allen Berufen den größten Fachkräftemangel aufweisen – bundesweit und in allen Regionen Deutschlands. Aber auch in den Pflegeberufen, für die eine Spezialisierung erforderlich ist, werden offene Stellen kaum besetzt. Dazu zählen Fachkrankenpfleger, OP-Pfleger, Intensivpfleger, Fachkinderkrankenpfleger und spezialisierte Altenpfleger.

Personalnot auch in Zukunft ein Thema

Ein Mann und eine Frau schauen sich zusammen Dokumente an.

Der Bedarf an Pflegefachkräften wird auch in den kommenden Jahren weiter steigen. Laut dem Deutschen Pflegerat werden in den kommenden 10 bis 12 Jahren rund 500.000 Pflegefachkräfte in Rente gehen. Ausgleichen könnten das die vielen Menschen, die jedes Jahr eine Ausbildung in der Pflege beginnen. So haben laut Statistischem Bundesamt im Jahr 2021 rund 61.000 Personen eine Ausbildung zur Pflegefachfrau beziehungsweise zum Pflegefachmann begonnen. Sieben Prozent mehr als im Jahr 2020 und sogar 25 Prozent mehr als noch vor zehn Jahren.

Dennoch dürfte das nicht ausreichen. Denn durchschnittlich werden rund 25 Prozent der Ausbildungsverträge in allen Berufen vorzeitig beendet. In der Pflege gehen Schätzungen sogar von einer noch höheren Abbrecherquote von bis zu 30 Prozent aus. Zudem rücken durch die geburtenschwachen Jahrgänge in den kommenden Jahren immer weniger junge Menschen in den Arbeitsmarkt.

Gleichzeitig steigt aber der Anteil der Menschen, die Pflege benötigt, in den kommenden Jahren gravierend an. Das betrifft vor allem die Altenpflege. Hochrechnungen des Barmer Pflegereports ergeben zum Beispiel, dass bereits im Jahr 2030 rund 6 Millionen Menschen pflegebedürftig sein werden. Das sind rund 1,4 Millionen Pflegebedürftige mehr als heute. Laut Barmer Pflegereport könnte das bereits zu einem Mehrbedarf von rund 180.000 Pflegekräften führen – nur in der Altenpflege.

Ursachen für den Pflegenotstand

Bereits seit Jahren mahnen die Pflegekräfte in Deutschland extrem belastende Arbeitsbedingungen an. Viele Pflegekräfte in Kliniken und Pflegeeinrichtungen fühlen sich erschöpft und erwägen deshalb, ihren Beruf aufzugeben oder haben das bereits getan. Zu den Hauptproblemen zählen:

  • Personalmangel: In vielen Fällen ist die Personaldecke in Kliniken und Pflegeeinrichtungen nicht am Bedarf der zu pflegenden Menschen ausgerichtet. Krankheit von Kollegen verschärft die Situation. In Folge müssen Pflegekräfte größere Arbeitsmengen bewältigen. Überstunden, Dauerstress, eine hohe Belastung, Zeitdruck, hohes Arbeitstempo gehören häufig dauerhaft zum Arbeitsalltag.
  • Ungenügende Entlohnung: Laut der Bundesarbeitsagentur verdienten vollzeitbeschäftigte Pflegefachkräfte in Kliniken im Jahr 2020 monatlich 3.771 Euro brutto im Durchschnitt. Pflegefachkräfte in stationären und ambulanten Pflegeeinrichtungen müssen mit deutlich weniger Gehalt auskommen. Für sie stand durchschnittlich 2.885 Euro brutto auf dem Lohnzettel. Zu wenig, wie der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe findet. Er fordert als wertschätzende Bezahlung ein Einstiegsgehalt von 4.000 Euro für ausgebildete Pflegefachkräfte.
  • Fehlende Zeit für qualitativ hochwertige Pflege: Die hohe Arbeitsbelastung führt dazu, dass Pflegekräfte den fachlichen Ansprüchen an ihren Beruf nicht mehr gerecht werden. Die Zeit für Patienten und Pflegebedürftige sowie deren fachgerechte Behandlung fehlt. Das frustriert und lässt viele an ihrem Beruf zweifeln.

Weitere Probleme, die häufig genannt werden, sind belastende Schichtdienste, fehlende Mitbestimmung im Betrieb, schlechte Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie eine mangelnde gesellschaftliche und innerbetriebliche Wertschätzung.

Demografischer Wandel trägt zu Pflegenotstand bei

Man sieht einen Mann, der fragend in Richtung Kamera schaut.

Neben den spezifischen Problemen in den Einrichtungen verschärft der demografische Wandel den Pflegenotstand zusätzlich. Die Zahl der Geburten hat in den letzten Jahrzehnten immer mehr abgenommen. Heute leben in Deutschland so wenig junge Menschen wie noch nie. Das macht sich bereits heute bei der Nachfrage von Ausbildungsplätzen bemerkbar. Und auch für die kommenden Jahre wird erwartet, dass mehr Pflegefachkräfte in Rente gehen als junge, ausgebildete Menschen in die Kliniken und Pflegeeinrichtungen nachrücken. Zudem wird der Anteil an älteren Menschen, die auf Hilfe und Pflege angewiesen sind, immer mehr zunehmen.

Was fordern Pflegekräfte?

Eine aktuelle Studie der Hans-Böckler-Stiftung zeigt, dass es in Deutschland ein Potenzial von 300.000 zusätzlichen Pflegekräften gibt – die zurückkehren könnten oder ihre Stunden aufstocken würden, wenn sich die Arbeitsbedingungen in der Pflege ändern. Die wichtigsten genannten Bedingungen sind dabei:

  • Ausreichend Zeit für eine gute Pflege durch eine bedarfsgerechte Personalbemessung
  • Angemessene Bezahlung, die insbesondere Fort- und Weiterbildungen anerkennt
  • Verlässliche Arbeitszeiten und verbindliche Dienstpläne
  • Wertschätzender und respektvoller Umgang von Vorgesetzten sowie Kollegialität
  • Vereinfachte Dokumentation

Lösungsvorschläge der Politik

Bereits in Kraft: Pflegeberufegesetz

Die bisher im Altenpflegegesetz und im Krankenpflegegesetz getrennt geregelten Berufsausbildungen in der Pflege wurden in einem neuen Pflegeberufegesetz zusammengeführt. Seit 2020 können Auszubildende nun eine generalistische Ausbildung zum Pflegefachmann beziehungsweise zur Pflegefachfrau machen. Damit sollen in Zukunft Fachkräfte flexibler in den verschiedenen Pflegebereichen arbeiten können.

Bereits in Kraft: Erhöhung der Mindestlöhne

Ab September 2022 werden die Mindestlöhne für Pflegekräfte in der Altenpflege stufenweise in drei Schritten bis Dezember 2023 erhöht. Dann können Pflegehilfskräfte mit 14,15 Euro, qualifizierte Pflegehilfskräfte mit 15,25 Euro und Pflegefachkräfte mit 18,25 Euro pro Stunde rechnen. Zudem sollen Beschäftigte in der Altenpflege mehr Urlaub erhalten: In 2022 erhalten Beschäftigte mit einer 5-Tage-Woche über den gesetzlichen Anspruch hinaus zusätzlich sieben Tage mehr Urlaub. Und in 2023 sowie 2024 jeweils neun Tage extra. Für Gesundheitsminister Karl Lauterbach sei die Erhöhung des Mindestlohns aber nur ein erster Schritt auf dem Weg zu einer fairen Entlohnung in der Pflege. „Nur wenn in der Pflege Tarif und mehr die Regel ist, wird der Beruf attraktiv bleiben. Dafür werden wir sorgen“, erklärt Karl Lauterbach in einer Pressemitteilung der SPD.

Noch im Gespräch: Pflegepersonal-Regelung (PPR 2.0)

Im Juli 2022 hat das Bundesgesundheitsministerium ein Eckpunktepapier veröffentlicht, um die Personalbemessung in Kliniken zu optimieren. Mit der sogenannten Pflegepersonal-Regelung (PPR 2.0) soll künftig erfasst werden, wie viel Personal nötig wäre, um eine gute, am individuellen Pflegebedarf ausgerichtete Pflege realisieren zu können. Eckpunkte zur Umsetzung sind damit bekannt, dass weitere Vorgehen noch nicht.

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